Peter C. Böhni
SKU 82 2001
«Problemlöser der Nahrungsmittelindustrie»
Peter C. Böhni, Managing Director Nutrition Solutions bei der Bühler Gruppe, verschreibt sich samt und sonders der Nahrungsmittelindustrie. Der studierte Biochemiker senkt dabei Kohlenhydratmengen, evaluiert Ernährungstrends und sagt gebrochenem Reis den Kampf an.
Fjodor M. Dostojewski, russischer Romanautor und Aphoristiker, sagte einst, wer den Alltag meistere, der sei ein Held. Stellen Sie sich nun also vor, Sie stehen auf, frühstücken, geben dem Haustier zu essen, lesen nebenher die Zeitung, rufen Ihre E-Mails ab, machen sich dann auf zur Arbeit, gehen mittags beim Asiaten um die Ecke ein Reisgericht schlemmen, besiegeln den gelungenen Arbeitstag mit einem Feierabendbier, geniessen Pasta dazu und frönen schliesslich vor dem Zubettgehen dem Schokoladenkonsum. (Nicht nur) In Anlehnung an Dostojewski können Sie ruhig sagen, Sie haben den Ihren heldenhaft gemeistert. Gratulation.
Gratulation gebührt auch der Bühler Gruppe, deren Angebotspalette sich zumindest indirekt über fast jede der erwähnten Tätigkeiten erstreckt. Der weltweit operierende Konzern ist sowohl Spezialist als auch Technologiepartner für Maschinen, Anlagen und Services zur Verarbeitung von Grundnahrungsmitteln sowie zur Produktion hochwertiger Materialien.
Spaghetti trocknen
Peter C. Böhni, Managing Director Nutrition Solutions, sagt: «Unser Geschäftsfeld ist für mich das interessanteste überhaupt. Ich sehe berufsbedingt in viele Industrien hinein und hatte beispielsweise während meines Advanced Management Program, des Diplomprogramms des SKU, mit unterschiedlichsten Branchenexponenten zu tun. Doch ich bin und bleibe mit Herz und Seele Entwickler im Nahrungsmittelumfeld.» Böhni weiter: «In unserer Produktion spielen Technologie-, Ingredient- und Applikations-Know-how gemeinsam mit rein. Das fasziniert mich.» Seine exemplarische Ergänzung: «Bei einem Mineralwasser benötigt es Maschinen zur Produktion der PET-Flasche, das Wasser muss definiert und analysiert und schlussendlich hygienisch in die Flasche abgefüllt werden können.»
Apropos füllen, die Bühler-Homepage ist gefüllt mit kernigen Begriffen wie Innovation, Spitzentechnologie oder Einzigartigkeit. Der Strahlkraft zum Trotz, sind Konkretisierungen willkommen. «Nehmen wir als Beispiel Sustainability oder besser gesagt unsere Prozessoptimierung hinsichtlich Nachhaltigkeit. Wir stellen unter anderem bis zu 100 Meter lange Teigwarenanlagen her. Eine grosse Herausforderung liegt in der Spaghetti-Geradlinigkeit. Wenige können sich vorstellen, dass diese Art von Pasta beim Trocknen klar definierte Temperatur- und Feuchtigkeitszonen durchwandern muss. Das Trocknungsfeld hat zudem exakten Verhältnissen auf beiden Seiten zu entsprechen, sonst ergeben sich unwirtliche Krümmungen.»
Doch in den Packungen liegen ausschliesslich kerzengerade Spaghetti. Erschwerend kommt hinzu, dass der Trocknungsprozess äusserst energieraubend ist. «Unsere Pasta-Spezialisten haben nun eine Anlage entwickelt, die einerseits den Überschuss reduziert und anderseits bis zu 40 Prozent weniger Energie verbraucht», so Böhni.
Health, Convenience, Pleasure
Der Nahrungsexperte weiter: «Ferner sind wir bestrebt, aus Nebenprodukten neue hochwertige Erzeugnisse herstellen zu können. In der Reisproduktion etwa gibt es im Schnitt gut und gerne 20 Prozent sogenannte gebrochene Körner. Insbesondere Asiaten essen diese nicht. Sie und auch wir Europäer sortieren sie aus und geben gebrochene oder auch andersfarbige Körner für einen tiefen Preis der Tierfuttermittelindustrie ab. Dies, obwohl sie ernährungsphysiologisch absolut in Ordnung sind, also essbar und gut. Wir haben jüngst einen Prozess entwickelt, bei dem dieses Nebenprodukt vermahlen und mittels Extrusion zu rekonstituiertem Reis weiterverarbeitet wird. Unsere Aufwertung geht aber noch weiter, reichern wir das Reismehl doch zusätzlich mit Vitaminen und Mineralstoffen an. Damit offerieren wir nicht nur rekonstitutierte, sondern auch vitaminisierte Körner.»
Das Produkt spreche für sich, gesunde Ernährung liege schliesslich im Trend: «Beim Konsumenten gibt es im Allgemeinen drei Hauptrichtungen: Health, Convencience und Pleasure.» Damit meint der studierte Biochemiker, dass morgens gesund gegessen werde, am Mittag alles rasch sowie bequem vonstatten gehen müsse und am Ende des Tages wolle man sich Gutes tun, sich verwöhnen. «Wirft man dieses Trio in eine Waagschale, kommt als Konsequenz heraus, dass Junge weniger gut kochen können, der Vergnügungsfaktor immer höher sein muss und der Zeitaufwand für die Zubereitung immer kleiner wird», so Böhni.
Todesursache Nummer 1
Ein anderer, weitaus fatalerer Trend heisst Fettleibigkeit. Adipositas hat Rauchen längst als Todesursache Nummer 1 abgelöst und absolut betrachtet gibt es in China die meisten Betroffenen, gefolgt von den USA. Böhni mit Branchen(scharf)-blick: «Die Lebensmittelindustrie kann mit Produkten wie zum Beispiel dem kalorienarmen Eis recht wenig dagegen ausrichten. Klar, wir können zum Beispiel dünnere Pasta-Röhrenwände herstellen und damit die Kalorienmenge reduzieren, ohne dem Kunden das Gefühl zu geben, er esse weniger.» Doch letzten Endes gehe es hier um Psychologie und ein allgemeines ernährungstechnisches Umdenken. Am besten gefällt Natur-Aficionado Böhni aber immer noch dieses Rezept: «Weniger essen und sich mehr bewegen.»
Text: Cyril Schicker
Peter C. Böhni
begeisterter Tennisspieler, findet in der Bergnatur die nötige Abwechslung zum herausfordernden und von Reisen gespickten Berufsalltag. Der Vater vier erwachsener Töchter ist Doktor der Biochemie. Er war für die Hochdorf Gruppe tätig und dort für die strategische Ausrichtung und die Integration der Multiforsa in die Nutrifood AG verantwortlich. 2006 heuerte er bei Bühler Group an, wo er die Business Unit Nutrition Solutions leitet. Im SKU Advanced Management Program engagiert er sich als Strategiemoderator.
Bühler Group
Bühler Group ist ein Spezialist und Technologiepartner für Maschinen, Anlagen und Services im Bereich der Verarbeitung von Grundnahrungsmitteln sowie zur Produktion hochwertiger Materialien. Das Unternehmen hält weltweit führende Marktpositionen bei Produktionsanlagen für die Mehlherstellung, die Futtermittelverarbeitung, aber auch für die Herstellung von Pasta und Schokolade sowie im Aluminiumdruckguss. Die unternehmerischen Kerntechnologien liegen im Bereich mechanischer und thermischer Verfahrenstechnik. Die Gruppe ist in mehr als 140 Ländern tätig und beschäftigt auf der globalen Bühne rund 8 800 Mitarbeitende. Im Geschäftsjahr 2011 erwirtschaftete sie einen Umsatz von 2 131 Millionen Schweizer Franken.